Nun sind sie also wieder zurück diese bösen Imperialisten aus Südostasien, die unsere Wirtschaft mit ihrem Merkantilismus kaputt machen. Durch Lohndumping und vor allem der Intervention beim Wechselkurs sind sie alleine an unserer Krise, den hohen Arbeitslosenzahlen und den Außenhandelsdefiziten schuld. So oder so ähnlich liesst es sich bei vielen Journalisten und Ökonomen seit einigen Jahren.
So nun auch wieder bei Paul Krugman:
"And this in turn means that the savings glut possibly making the natural real rate negative is
actually originating abroad, not at home.
actually originating abroad, not at home.
Do you sort of see why I’m a hawk on China policy?"
Grundsätzlich erachte ich Prof. Krugmans Ausführungen zu den aktuellen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Themen als äußerst bereichernd und lehrreich. Doch in größeren, regelmäßigen Abständen stößt mir seine Kost ein wenig übel auf den Magen:
"To get our trade deficit down, however, we need to make American products more
competitive, which in practice means that we need the dollar’s value to fall in terms of
other currencies."
competitive, which in practice means that we need the dollar’s value to fall in terms of
other currencies."
Amerikanische Produkte sind also nur aufgrund der vermeintlichen Überbewertung des US-$ (v.a. gegenüber China) nicht konkurrenzfähig? Es werden kaum andere Faktoren für dieses Problem in Betracht gezogen (siehe auch folgende Kolumne hierzu). Meiner Meinung nach liegt das Hauptproblem woanders. Dies zeigt sich auch darin, dass der Handel mit China "lediglich" 40% des Leistungsbilanzdefizits der USA ausmacht. Es scheint also noch andere Gründe zu geben.
Der wichtigste Grund für den Anstieg des Leistungsbilanzdefizits liegt vor allem in der Zunahme des Kapitalbilanzüberschusses der USA (dabei sei auf folgende Gleichung hingewiesen:
EX - IM = S - I). Durch niedrige Spartätigkeiten in den USA (Konsum, Konsum und nochmals Konsum, und zwar auf Pump finanziert) musste ausländisches Kapital zur Finanzierung angezogen werden. Aufgrund des sogenannten exorbitanten Privilegs der USA ist das auch kein großes Problem gewesen (und scheint es auch zzt. nicht zu sein (unter 2% Verzinsung auf 10 jährige Staatsanleihen)). Gelder mussten zum einen auf Seiten des Staates (Reagonomics + tax cuts und Kriege nach 9/11) und zum anderen bei den privaten Endverbrauchern (die amerikanischen Haushalte gaben in 2006 106,5% ihres verfügbaren Einkommens aus!) angezogen werden.
Den zweiten Hauptgrund sehe ich in der seit nunmehr 30 Jahre anhaltenden Deindustrialisierung, die die industrielle Basis in den USA fast komplett ruiniert hat. Seit den 80er Jahren sind es vor allem Finanzdienstleister, auf die sich die Wirtschaft der Vereinigten Staaten stützt. Besonders gravierend ist diese Entwicklung in ehemaligen Industriestädten im Nordosten der USA zu sehen (u.a. Detroit, Cleveland, Pittsburgh). Die Jobs in der Auto- und Stahlindustrie sind rar geworden. Der Grund dafür ist ein Outsourcen der Stellen in Länder / Staaten mit niedrigeren Lohnkosten. Seien es die Südstaaten wie Georgia und Alabama oder halt Mexico, China und der Rest von Südostasien.
Multinational agierende Unternehmen produzieren da, wo sie die größten komparativen Vorteile haben. Dies sind nun mal für den Zusammenbau von Elektronikprodukten und das Schneidern von Textilien vor allem die Länder in Südostasien. Nehmen wir das allseits bekannte Beispiel Apple. Zur Produktion der diversen Pods, Pads und Phones werden die Vorprodukte aus hochtechnologisierten Ländern nach China importiert (Bildschirme aus Südkorea, Chips aus Taiwan und sogar Teile aus Deutschland). Die Wertschöpfung, die in China durch das Zusammenbauen generiert wird ist minimal (lediglich 4%), jedoch steht der Export des fertigen Produktes in die USA komplett zu Buche. Im Gegensatz zu den Lieferländern der Vorprodukte, die zumeist eine nahezu ausgeglichene Leistungsbilanz mit China haben, stehen die Vereinigten Staaten als reiner Endkonsument bei China in der Kreide (in 2009 allein durch das iPhone mit 1,9 Mrd. $). Im Endeffekt besteht ein Großteil des Handelsbilanzdefizits faktisch nicht mit China, sondern ist ein Transfer aus anderen Ländern.
Dieses Beispiel wurde auch vom chinesischen Vize-Zentralbankchef Yi Gang als Argument gegen einen allzu großen Einfluss des Wechselkurses auf die Handelsbilanzen beider Länder angeführt. Er nennt diese Wertschöpfung in China processing trade. Seiner Meinung nach entsteht der Überschuss in der chinesischen Leistungsbilanz alleine aus diesem processing trade. Ohne diesen wäre die Handelsbilanz der Chinas ausgeglichen.
Der amerikanische Konsum war jahrelang vom beiderseitigen Nutzen geprägt. Die USA fanden günstige Produkte um ihre Konsumhausse weiter voranzutreiben und China fand einen dankbaren Abnehmer für seine Produkte. Finanziert wurde das ganze durch den massenhaften Aufkauf von amerikanischen Schuldverschreibungen durch die Chinesen.
Man kann sich nun streiten ob der Wechselkurs des Renminbi gegenüber dem US-$ unterbewertet ist. Manche Autoren sprechen von einer bis zu 40% Unterbewertung, jedoch gibt es auch Studien, die keine Unterbewertung sehen bzw. sogar den Renminbi für überbewertet halten. Gehen wir davon aus, dass der Renminbi wirklich unterbewertet ist, sehe ich trotzdem keine allzugroßen Gründe, für die in China produzierenden Unternehmen ihre Produktionsstätten wieder zu "reshoren". Die Lohnkosten in den USA und anderen westlichen Ländern sind einfach zu hoch, dass dies sich für die Produktion von Konsumartikeln lohnen würde. Desweiteren würde eine Aufwertung des Renminbi aufgrund des niedrigen Wertzuwachses der Produkte in China nur zu einer minimalen Steigerung der Gesamtkosten führen und somit nicht erheblich für die Entscheidung der Produktionstättenverlagerung sein. Die eventuell zu erwarteten Kostensteigerungen würden entweder die Unternehmen (entgangener Gewinn) oder die Endverbraucher (höhere Preise) in den USA treffen und kaum zu einer Absenkung der Handelsbilanzdefizite beitragen. Im Falle einer Verlagerung würden diese Unternehmen auch kaum in die USA mit ihrer Produktion zurück kehren. Dies ist schon heute an der Verlagerung der Textilproduktion, aufgrund von "zu hohen" Löhnen in China, nach Vietnam oder Bangladesh und schlussendlich wohl auch nach Indien und Afrika zu sehen.
Ich errinere nur ungern an die gleiche Diskussion, die in den 1980er Jahren schon einmal geführt wurde. Damals stand ein anderes Land in gleicher Weise im Mittelpunkt der Diskussion, Japan. Durch das Plaza-Abkommen 1985 wurde eine starke Aufwertung des Wechselkurses des Yen herbeigeführt. Jedoch schrumpfte das Handelsbilanzdefizit zwischen Japan und den USA in den Folgejahren kaum, da die US-Konsumenten weiterhin, so wie heutzutage mit China, auf die Elektronikprodukte aus Japan "angewiesen" waren. Ergebnis dieses Prozesses war jedoch für Japan das wohl mittlerweile folgende dritte verlorene Jahrzehnt, mit einer Stagnation der Wirtschaft und deflationären Tendenzen.
Die USA sollten sich lieber auf ihr komplettes Handelsbilanzdefizit (ergo ihr Budgetdefizit des Staates und die niedrige Sparquote) und dem Wiederaufbau ihrer industriellen Basis konzentrieren, falls sie ihr Defizit wirklich verringern wollten, als jedesmal pünktlich zur Veröffentlichung der neuesten Handelsdaten China für ihre angebliche Wettbewerbsverzerrung zu kritisieren. Schlussendlich sind nicht die Länder mit einem Handelsbilanzüberschuss schuld an den Miseren der Defizitländer. Da ist es egal ob USA, Griechenland oder Spanien auf der Flagge steht. Internationale Wettbewerbsfähigkeit erlangt man nur durch die Produktion von günstigen Billigprodukten (China) oder hochwertigen Spezialerzeugnissen (Deutschland).
Für einen der beiden Wege muss man sich heutzutage entscheiden.
Für einen der beiden Wege muss man sich heutzutage entscheiden.
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