Mittwoch, 16. November 2011

Billiger oder Besser oder Beides

Damit sich Griechenland aus seinem Sumpf befreien kann, helfen nur zwei Mittel: entweder sie werden billiger ("wie China") oder sie werden besser ("wie Deutschland"). Am besten ist aber eine Kombination aus beidem. Das Problem der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit griechischer Produkte kann mehrere Ursachen haben. Sie können zu teuer, zu schlecht oder garnicht vorhanden sein. Ich denke, es ist von allem dreien etwas.

Fangen wir mit zu teuer an. Griechische Löhne sind seit dem Beitritt zur EWU in 1999 um 30% gegenüber den deutschen Löhnen gestiegen, ohne dass ein Produktivitätswachstum in gleichem Umfang dahinter stand. Diese drastischen Lohnerhöhungen machten griechische Produkte für ausländische Importeure unattraktiv.
Desweiteren sind griechische Produkte nicht gut genug, um auf dem Weltmarkt mitzuhalten. Die Industrieprodutktivität liegt weit hinter dem europäischen, vor allem nordeuropäischen Durchschnitt zurück. Einst so angesehene Wirtschaftszweige wie der Schiffsbau sind kaum noch international von Bedeutung.

Darüber hinaus ist der Staatsapparat, welcher 40% der Wirtschaftsleistung ausmacht, heillos aufgebläht. Die Industrieproduktion beträgt nur circa 18% der gesamten Wirtschaftsleistung (zum Vergleich Deutschland: 28%). Haupteinnahmequellen aus dem Export sind Nahrungsmittel und einfache verarbeitete Produkte wie Lederwaren und ähnlichem. Die gesamten Exporte machen kaum mehr als 7% des BIP aus. Griechenland braucht aber diese Exporte, damit frisches Geld in das Land fließt, um die Auslandsschulden begleichen zu können.

Nun bleiben also 2 Optionen:
Entweder die Preise für Güter fallen auf ein Niveau, auf dem die Produkte wieder abgesetzt werden können. Dies müsste in einem Umfang von mindestens 30-40% geschehen, damit man auf einem ähnlichen Niveau ist wie zum Beispiel die Türkei, welche ähnliche wirtschaftliche Voraussetzungen hat. Dadurch würde der Fetakäse, das Olivenöl und der Tourismus deutlich günstiger für Mitteleuropäer und man könnte verlorengegangene Marktanteile zurückgewinnen. Eine Kürzung der Löhne scheint aber zur Zeit nur in Staatsbetrieben zu funktionieren. Aufgrund von bestehender Lohnstarrheit nach unten ist es schwierig die Löhne in der freien Wirtschaft stark abzusenken. Durch die Zugehörigkeit zum Euro ist eine Abwertung der Währung aber ebenso ausgeschlossen. Somit scheint der Weg eines Billigerwerdens kaum machbar.
Die zweite Option ist, man stellt hochwertigere Produkte her. Aber aus dem Stehgreif neue Industrien aufzubauen wird wohl sehr schwer fallen. Erstens bedarf es großen Investitionsanstrengungen für die das Geld in Griechenland zur Zeit fehlt, zweitens ist die Frage, welche Industrien überhaupt angesiedelt werden könnten und sollten. Es wird immer mal der Vorschlag gebracht, große Solarparks zu bauen. Nur wo sollen die Arbeiter dafür herkommen? Falls Know-How aus dem Ausland gekauft werden würde, wäre der griechischen Arbeitnehmerschaft auch nicht groß geholfen. Diese Idee ist also auch mit vielen Problemen behaftet und in kurzer Zeit schwer bis garnicht umsetzbar.

Griechenland steht also vor einem riesigen Problem. Die beschlossenen Sparpakete werden die Wirtschaft nur noch weiter abwürgen, wodurch es noch schwieriger wird die Schulden zurückzuzahlen. Somit scheint die einzig machbare Lösung ein Schuldenschnitt zu sein. Dies werden die griechischen Banken aber kaum verkraften. Seit Monaten ziehen private Anleger ihr Kapital aus Griechenland ab, was die Finanzinstitute mit einer ganz dünnen Eigenkapitaldecke dastehen lässt. Eine Abschreibung der Staatsanleihen, die noch zur genüge in ihren Portfolios stecken, würden einige der Banken garantiert nicht überleben.

Den Vorschlag eines Austritts aus der Eurozone halte ich für sehr riskant. Eine Währungsunion sollte darauf abzielen auf die Ewigkeit ausgerichtet zu sein und keinen permanenten Ein- und v.a. Austritt vorzusehen. Bei einem Austritt Griechenlands würden vermutlich auch einige Banken pleite gehen. Desweiteren würden die bestehenden Schulden weiterhin in Euro denominiert sein und somit nach einer wahrscheinlichen Abwertung der neuen Drachme an Wert gewinnen und die Chance auf eine Rückzahlung der Schulden noch geringer werden lassen.

Die einzig machbare Lösung liegt für mich in einem Schuldenschnitt von höherem Ausmaße, als die bisher erdachten 50% oder einer Stundung der Zinszahlungen, bis sich die griechische Wirtschaft wieder einigermaßen erholt hat. Die Aussage , Griechenland dürfte ja nicht offiziell als Bankrott gelten, halte ich für irrelevant in dieser Diskussion, denn auch ohne diesen offiziellen Titel wird es Griechenland nicht gelingen in den nächsten Jahren wieder am Kapitalmarkt Fuß zu fassen und die Staatsanleihen in den Portfolios der Banken sind sowieso schon um mehr als die freiwilligen 20% abgeschrieben. Im Falle eines Schuldenschnitts müssten also einige Banken gestützt und es müsste ein Weg gefunden werden, die Kapitalflucht aus den GIPS-Staaten zu stoppen. Griechenland wird es ohne einen großen Schuldenschnitt nicht aus eigener Kraft schaffen wieder auf die Beine zu kommen. Darüber hinaus braucht das Land eine Investitions- und Restrukturierungsstrategie, um die brachliegende Wirtschaft wieder aufzupäppeln.

3 Kommentare:

  1. die griechische bisherige wirtschaft wird über kurz oder lang durch die sparpakete kaputt gehen. viel wichtiger wäre es die staatsunternehmen, wie den Stromversorger "Dei", die staatliche Bahn und die teilstaatliche Bauindustrie zu privatisieren. Diese 3 Unternehmenszweige machen zwar 8% der Wirtschaftsleistung aus, ohne dabei aber dem Staat irgendwelche Gewinne zu erwirtschaften. Also hier muss angesetzt werden. Auf lange Sicht führt aus meiner Sicht aber kein Weg an einem EU-Austritt vorbei, weil die Währung einfach immer noch zu stark im Vergleich zur griechischen Produktion ist und damit sich vor allem für den Export als schädlich zeigt. Ich glaube es wird nichts an einem Staatsbankrott in 1-2 Jahren vorbei führen. Dies wäre am zwar kurzfristig dramatisch für Griechenland aber auf lange Sicht vielleicht der einzige Ausweg.

    Argentinien hat es vorgemacht. Dort sind seit dem Staatsbankrott 2002 die Entwicklung in den ersten Jahren sehr negativ gewesen, aber seit 2004 ist die Wirtschaft zwischen 6 und 9% jährlich gewachsen. Inzwischen ist Argentinien eine sehr effektiv wirtschaftendes Schwellenland, dessen Probleme mittlerweile weniger eine schwache Wirtschaft sind, sondern ehr die Energieversorgung kann mit dem Wachstum nicht Schritt halten.

    Dagegen wäre für die EU wein Staatsbankrott Griechenlands wahrscheinlich wesentlich katastrophaler auch auf langer Sicht als für Griechenland selbst ( der oft genannte Domino-Effekt). Und genau deshalb kämpfen aus meiner Sicht Frankreich und Deutschland so um Griechenland. Um die Griechen geht es dabei am wenigsten....

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  2. Ich hoffe, du meintest mit "EU-Austritt" einen Austritt aus der Eurozone ;)

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  3. Naja...privatisiert haben die Griechen ja schon. Die Telekom hat fast das komplette Telekommunikationsnetz gekauft und die Bahn hat sich wohl auch ein bisschen bedient. Wieso Merkel und Sarkozy so daran interessiert sind Griechenland in der Eurozone zu halten ist klar. Wenn der Staatsbankrott kommt sind die Schulden hinfällig und - was wahrscheinlich noch viel schlimmer ist - die Eurozone ist gescheitert und das gibt ein schlechtes Bild nach außen ab. Deswegen müssen wir auf jeden Fall versuchen die Griechen zu retten, weil die EU und der Euro sonst einfach gescheitert sind.
    Was auch noch dazu kommt ist, dass Spanien, Italien und Portugal ja genauso am Abgrund stehen und naja wenn Griechenland abstürzt wissen die ja auch schon genau was auf sie zukommt.

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