Dienstag, 29. November 2011

Bildungswüste 2011

Da veröffentlichte der Spiegel letzte Woche die Ergebnisse des Lernatlas 2011 der Bertelsmann Stiftung und alle waren geschockt, wie schlecht es doch um unser Bildungssystem aussieht. Wo ist denn die vielbeschworene Bildungsrepublik Deutschland auf einmal hin, von der die Kanzlerin seit geraumer Zeit verkündet?

Da gehen nun die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg als Sieger aus dem Vergleich hervor. Es ist doch aber nicht verwunderlich, dass gerade die reichen Bundesländer so gut abschneiden. Ganz neu ist die Erkenntnis, dass das Bildungsniveau der Eltern und die finanziellen Mittel der Länder und Kommunen zum Lernerfolg der Schüler und Studenten beitragen, nun nicht gerade, jedoch wird sie von der aktuellen Studie mehr als nur untermauert.

Kinder und Jugendliche aus bildungsfremden Schichten werden es immer schwieriger haben, als Kinder aus Arzt- oder Professorenfamilien, eine adequate Unterstützung und Bildungschancen zu erhalten. Auf den hinteren Plätzen liegen also nicht ohne Grund das arbeitergeprägte Ruhrgebiet und die ländlichen Gebiete in Ostdeutschland, die schon seit Jahren von einer Abwanderungswelle gut ausgebildeter Menschen heimgesucht werden. Keine großartig neuen Feststellungen also.

Jedoch tun die Bundesregierungen seit Jahren kaum etwas, um die Lage ernsthaft zu verbessern. Die Hochschuletats werden ständig weiter gekürzt (mittlerweile fallen ganze Vorlesungswochen aus Geldmangel aus) und staatliche Schulen werden reihenweise geschlossen, bis man feststellt, dass man jetzt auf einmal acht 5. Klassen und gar keine Lehrer für all die Kinder hat. Eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht, da ja die böse Eurokrise mehr als nur an die Türe klopft. Das probateste Mittel in diesen Zeiten heisst Investitionen und nicht prozyklische Ausgabenkürzung. Allein die letzte Woche beschlossenen 26 Milliarden Steuersenkungswünsche der FDP würden der Republik als zusätzliche Finanzspritze in die Bildung recht gut stehen. Nur wenn es in Deutschland geschafft wird, gut ausgebildete Fach- und Führungskräte in den nächsten Jahren hervorzubringen, kann es gelingen der Billigkonkurrenz aus China zu trotzen und zum Bildungsniveau der nordeuropäischen Länder aufzuschließen.


Ein Nachtrag noch: Steuerentlastungen gehen hauptsächlich entweder direkt in den Konsum (Spielzeug oder Elektronik aus Fernost für Weihnachten!?) oder werden gar nicht erst ausgegeben und landen auf den Konten. Bei einer Sparquote der Deutschen von über 11% sind diese Anreize also ziemlich wirkungslos. Jedoch würden bei staatlicher Investitionsförderung / Ausgabenpolitik in Zukunft renditen abgeschöpft werden können, die bei einmaligem Konsum nicht stattfinden würden. Somit wären gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

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Wenn schon nicht die EZB als lender of last resort eingesetzt wird, warum übernimmt die Bundesrepublik nicht diese Aufgabe? Natürlich kann die Bundesrepublik nicht endlos Geld drucken oder endlos Geld durch neue Schulden aufnehmen, aber in einem gewissen Umfang könnte man sich doch Geld leihen und dieses dann an die GIPS-Staaten weiter verborgen.

Folgendes Szenario könnte ich mir vorstellen:
Die Bundesrepublik, mit ihrer immerhin noch guten Bonität, emmitiert am Anleihenmarkt neue Schuldverschreibungen. Für z.B. 5 jährige Anleihen bezahlt der Bund zZt. circa 1,3% Zinsen. Daraufhin leiht man das Geld zu einem niedrigeren als aktuell herrschenden Zinssatz an andere Staaten weiter. Wenn man nun also Italien die Anleihen für z.B. 4,3% weiter leiht, dann ist in mehrerer Hinsicht geholfen:

1. macht der Bund allein durch dieses Geschäft jährlich ein Zinsplus von 3%.
2. stützt man den z.B. italienischen Staat durch die niedrigeren Zinsen, die er zahlen muss und ermöglicht ihm die Refinanzierung seiner Staatsschulden auf einem moderaten Zinsniveau.
3. wäre die inverse Zinsstruktur, für vor allem italienische Anleihen, aufgehoben und die dadurch kurzfristig erkennbaren Befürchtungen eines Euro-Zusammenbruchs gebannt. In den letzten Tagen musste Italien sogar mehr als 7% für seine 5 jährigen Anleihen zahlen. Diese hohen Renditen zeigen an, dass die Märkte mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit von einem Zusammenbruch des Euro innerhalb der nächsten Jahre ausgehen.
4. würden sich in 5 oder 10 Jahren, wenn die Rettungsaktionen erfolgreich waren, die Schulden ein Stück abgebaut worden sind und die Wirtschaft der betroffenen Staaten hoffentlich wieder floriert, sicherlich neue Käufer für die betreffenden Anleihen am Markt finden lassen, die jetzt aufgrund der herrschenden Unsicherheiten nicht zu finden sind. Dann könnte die Bundesregierung ihre eigenen Papiere auch wieder ablösen und ein sattes Zinsplus einfahren.

Die Risiken für diese Aktion würden sich in Grenzen halten. Die neu aufgenommenen deutschen Schulden würden vom Markt als nicht sehr risikobehaftet angesehen werden, da mit einer Rückzahlung zu rechnen ist, weil die Stützung und Refinanzierbarkeit der Staaten durch diese Aktion gewährleistet wäre. Selbst wenn die Finanzierungskosten für deutsche Staatsanleihen dadurch leicht ansteigen würden, wäre dies erstens durch die Mehreinnahmen aus oben beschriebenen Projekt abgefedert und zweitens sollten diese "geringen Beträge" ein lohnendes Opfer für eine gelungene Rettungsaktion mit anschließender Stabilität des Euros sein. Natürlich funktioniert so eine direkte Staatsfinanzierung nur, wenn diese Aktion mit einem unbedingten Willen der Rettung der angeschlagenen Staaten und der Eurozone einher gehen würde. Ein bloßes Lippenbekenntnis, wie es Frau Merkel letzte Woche abgegeben hat, wird die Märkte nicht überzeugen. Es braucht schon echte Taten, nicht nur leere Floskeln, um diese Krise zu bewältigen.

Montag, 28. November 2011

Geldsorgen?

Aus der FTD:
     “Der Augsburger Druckmaschinenhersteller (Manroland) braucht dringend Geld, um Lieferanten
    bei der Stange zu halten. Unter immensem Zeitdruck verhandelt Insolvenzverwalter Schneider
    über einen Notkredit.“ 

Sie können mit ihren Druckmaschinen doch selber Geld drucken, wenn sie doch welches brauchen. Oder wahlweise auch die EZB...

Burkina Faso, nicht Simbabwe

Ich muss mich an dieser Stelle nun einmal selber berichtigen und entschuldigen.

Vor einigen Tagen nahm ich fälschlicherweise an, dass die EZB mit der Zentralbank Simbabwes zu vergleichen sei. Dies wurde mir aber gestern im Presseclub, der unter dem Thema "Rettungsschirm gescheitert? Europa auf dem Weg zur Schuldenunion" stand, widerlegt. Es hätte nicht Simbabwe, sondern Burkina Faso heissen müssen, so jedenfalls Dorothea Siems von der Welt Wirtschaftsredaktion in Minute 32 der Sendung. Nach kurzer Recherche ist mir aufgefallen, dass die Zentralbank von Burkina Faso gar kein Geld drucken kann, sie existiert nämlich garnicht. Das westafrikanische Land gehört einem Währungszusammenschluss an, der unter dem Schirm der "Zentralbank der Westafrikanischen Staaten" steht. Desweiteren liegt die Inflation in Burkina Faso laut IMF zw. 1 und 4 Prozent in den letzten Jahren und ist 2010 sogar negativ gewesen (abgesehen von 10% in 2008, wo es eine einmalige Rohstoff- und Nahrungsmittelpreisexplosion gab, die sich wahrscheinlich stark auf das allgemeine Preisniveau ausgewirkt hat).

Mir ist ja klar, dass in solche Talkrunden Personen mit unterschiedlichen Ansichten, in dem Falle "Hyperinflationisten" ggü. "Deflationswarnern", eingeladen werden, um die Diskussion am Laufen zu halten. Jedoch sollte schon darauf geachtet werden, dass diese Gäste ihre Thesen auch untermauern können und nicht wahllos Beispiele und Begründungen aus der Luft greifen. Hyperinflation durch Gelddrucken sieht also anders aus, als das was Burkina Faso macht. Das nächste mal bitte besser Recherchieren, auch wenn es nur ein wahllos herausgegriffenes Beispiel war.

Nun zur Eurozone:
Diese Grafik zeigt die Veränderung der Geldmenge M3 der EZB im Vergleich zum Vorjahr an. Die hohen Werte am linken Ende zeigen die Geldmengenerweiterungen aufgrund der Stützung der Banken in den Krisenjahren 2007 / 2008 an. Damals hätte es einen Aufschrei geben müssen, dass die EZB ja unermesslich viel Geld druckt und es zu einer gallopierenden Inflation kommen müsste. Beides kam aber nicht. Die Portfolios der Banken mussten erstmal bereinigt und gestützt werden. Dadurch kam das Geld während der Zeit der "Kreditklemme" gar nicht im Kreislauf an. 
Geldmengenwachstum M1 in 2007 bei ca. 3% und 2008 bei knapp über 0%!:
Seit 2009 erhöht sich die Geldmenge M3 der EZB kaum noch! Trotz der Aufkäufe von Staatsanleihen aus den Pleitestaaten und Stützungsmaßnahmen aus dem Target2-System haben wir keine merkliche Geldmengenerweiterung, da die EZB das Geld an anderer Stelle wieder aus dem Kreislauf zieht. 

Warum sollte sich also der Kurs der EZB, durch eine Garantie und einen Aufkauf von Staatsanleihen in einem etwas größerem Umfang als zur Zeit, ändern und dieses frisch gedruckte Geld nicht wieder aus dem Markt genommen werden??? Um noch einmal Mario Draghi zu zitieren:
    "Credibility implies that our monetary policy is successful in anchoring inflation expectations 
    over the medium and longer term. This is the major contribution we can make in support of   
    sustainable growth, employment creation and financial stability. And we are making this  
    contribution in full independence. Gaining credibility is a long and laborious process. 
    Maintaining it is a permanent challenge. But losing credibility can happen quickly 
    – and history shows that regaining it has huge economic and social costs." 

Ich sehe den Kursschwenk hin zu einem ausuferndem Gelddrucken und einer folgenden Inflation nicht. Aber vielleicht bin ich ja auch nur blind und habe die Zentralbank von Burkina Faso in Frankfurt schlicht und einfach übersehen.

Freitag, 18. November 2011

Ubeki-beki-beki


Ist ja nicht so, dass Usbekistan recht nah an Afganistan grenzt und als Nachschubkorridor für die Truppen der USA genutzt wird. Aber ansonsten ist es wirklich irrelevant...

Und GM Uzbekistan sichert bestimmt auch keine amerikanischen Jobs...

Man muss ja nun nicht jedes Staatsoberhaupt der Welt kennen, man sollte aber als Präsidentschaftsbewerber schon wissen, welche Länder für die amerikanische Außenpolitik von größerer Bedeutung sind.

Mit dem Gartenschlauch vor der brennenden Scheune

Aus der FTD: 
"Die Zentralbank jedenfalls bleibt in dem Konflikt hart. Sie legt vorab eine Höchstgrenze für ihre 
Anleihekäufe fest. Alle zwei Wochen verständige sich der EZB-Rat auf ein Limit für die wöchentlichen Ankäufe, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" am Freitag. In dem Gremium wachse inzwischen die Skepsis gegenüber dem Programm, mit dem die EZB die Euro-Schuldenkrise einzudämmen versucht. Diese wachsenden Zweifel hätten dazu geführt, dass die Obergrenze auf 20 Mrd. Euro herabgesetzt worden sei. Über eine weitere Absenkung werde verhandelt. Draghi: "Glaubwürdigkeit kann man schnell verlieren - und die Geschichte zeigt, dass ihre Wiederherstellung hohe wirtschaftliche und soziale Kosten verursacht."" 

20 Mrd. €? Wen will man damit beeindrucken? Damit bekommt man die italienischen Renditen vielleicht für drei Tage unter 7 Prozent und am vierten sind sie schon wieder drüber. Da kann man sich die 20 Mrd. auch gleich sparen.
Glaubwürdigkeit bei anderen Zentralbanken ging nur verloren, wenn über LANGE Zeit und OHNE Sicht auf ein ENDE des Gelddruckens gehandelt wurde. In den 20er Jahren wurden darüber hinaus ständig neue Schulden mit ständig neuem Geld finanziert und nicht wie heute für Schulden die vorhanden sind und nicht refinanziert werden können. Wenn die Aktionen jetzt nur vorübergehender Natur sind und das überschüssige Geld im Nachhinein wieder sterilisiert wird, verliert die EZB nicht ihr Gesicht. Das einzige was sie mit der aktuellen Politik verlieren kann ist ihre Legitimation. Nämlich dann, wenn die Eurozone auseinanderbricht und die EZB überflüssig wird.

Donnerstag, 17. November 2011

Worte sagen mehr als Taten

Seit Monaten bietet sich das gleiche Bild im europäischen Rettungseinsatz. Die Zinsen auf Staatsanleihen der europäischen Krisenstaaten erreichen einen neuen Höchststand, die Regierungsvertreter der anderen Eurostaaten mahnen zu drastischerem Sparen, die EZB springt mit ein paar Milliardenchen ein, um kurzfristig die Renditen herunter zu fahren und die Rettungsschirme werden immer weiter aufgespannt, nur um den gleichen Kreislauf in immer kürzer werdenden Abständen zu wiederholen.

Dabei wäre eine einfache Lösung direkt zur Hand. Die Schweizer haben es vorgemacht, die Amerikaner machen es zum Teil schon länger und die Japaner seit 20 Jahren. Sie geben verbindliche Ziele aus und alleine die Erwartung darauf, dass dieses Bekenntnis auch eingehalten wird, lässt die Märkte aufhorchen und sich beruhigen. Nehmen wir das Beispiel Schweiz einmal genauer unter die Lupe:

Die Schweiz hatte in diesem Frühjahr / Sommer mit einer drastischen Währungsaufwertung zu kämpfen. Der Kurs des Schweizer Franken stieg innerhalb von wenigen Monaten von 1,30 €/CHF auf fast 1 €/CHF:
Um diesen Trend aufzuhalten, gab die Schweizer Nationalbank im September ein Bekenntnis zur Bindung des Franken an den Euro ab. Sie erklärte, den Kurs des Franken auf über 1,20 €/CHF halten zu wollen und diesen mit aller Macht zu verteidigen. Musste sie vorher noch täglich mehrere hundert Millionen Franken ausgeben, um ausländische Devisen aufzukaufen, damit der Kurs stabil bleibt, reichen jetzt wenige Millionen aus. Was ist geschehen? Die Spekulanten, die im Frühjahr auf einen weiteren Kursverfall setzten, sehen sich jetzt dem unbedingten Willen der Zentralbank gegenüber, ihr Versprechen auch einzuhalten. In Voraussicht, dass die Zentralbank ihr Versprechen wahr macht, lohnt es sich nicht mehr gegen den Franken zu spekulieren, da ein weiterer Kursanstieg so gut wie ausgeschlossen ist. Man legt sich halt nicht mit einem Gegner an, der unbegrenzte Feuerkraft (Gelddrucken) besitzt und einen starken Willen hat diese auch abzufeuern.

Das gleiche sollte heute auch die EZB machen, indem sie den Spekulanten erklärt, "wir verteidigen die Länder der Eurozone, komme was wolle. (Zur Not können wir ja einfach Geld drucken.)". Anstatt jedes mal nur das Feuer kurz zu ersticken, könnten sie mit einer simplen Ankündigung den ganzen Brand löschen. Es würde folgendermaßen funktionieren: Die EZB gibt ein Ziel für die Renditen der Staatsanleihen aus, über das sie diese nicht kommen lassen wird (sagen wir 4 oder 5%). Diese "Drohung" müsste aber mit Nachdruck ausgesprochen werden und von allen Staaten (Hallo Frau Merkel?) und Zentralbanken (Hallo Herr Weidmann?) unterstützt werden. Am Anfang würden natürlich einige Akteure gegen dieses Vorhaben spekulieren, sobald aber gleich zu Beginn erkenntlich ist, dass es die EZB diesmal ernst meint, würden sich die Spekulanten schnell verziehen. Somit hätte man den Krisenstaaten eine Verschnaufpause verschafft, die nicht mehr kosten würde, als ohne diese Zielvorgabe alle paar Wochen (mittlerweile Tage) neue Aufkäufe zu unternehmen.

Mittwoch, 16. November 2011

Billiger oder Besser oder Beides 2

Dies ist v.a. eine Antwort auf den Eintrag von butsche zu meinem Griechenland Post:

Griechenland ist nicht Argentinien. Argentinien hat damals nur seine Dollarbindung aufgegeben und musste nicht aus einer Währungsunion raus und eine neue Währung schaffen. Nach der Erklärung der Pleite wurden alle Konten eingefroren und die Dollarguthaben in Pesos umgeschrieben. Das ging aber nur, da die Schulden im Ausland saßen und einfach gesagt wurde: Pech gehabt, ihr bekommt jetzt nur noch 25%. Griechenland hat aber seine Schulden v.a. im Inland (und nun bei der EZB). Somit würden sie sich ins eigene Fleisch schneiden. Inländische Banken würden reihenweise umfallen, private Anleger ihr Erspartes und Unternehmen ihre Rücklagen verlieren. Desweiteren waren die ersten Jahre in Argentinien beiweitem kein Zuckerschlecken. Grundnahrungsmittel wurden zu Luxusgütern, die Menschen verloren ihre Spareinlagen und der Großteil der Bevölkerung rutschte unter die Armutsgrenze. Das gleiche würde wohl auch Griechenland bevorstehen. Die Kapitalflucht würde in einer Antizipation eines Austritts aus der Währungsunion ungeahnte Dimensionen annehmen, was die Banken nur noch eher in die Knie zwingen.

Wenn Griechenland jetzt aus der Union aussteigt, wird angenommen, dass das ja auch bald Spanien, Italien, Portugal oder Irland machen könnten, was deren Zinsen drastisch erhöhen würde. Dadurch wären sie wohl alsbald wirklich gezwungen den griechischen Weg zu gehen. Eine sich selbst erfüllende Prophezeihung. Ein Ausstieg darf und kann also keine Option sein.

Klar wäre danach die griechische Wirtschaft wieder wettbewerbsfähiger. Aber welche Produkte sollen denn auf einmal exportiert werden? Sicher wäre es, wie ich in meinem Artikel gesagt habe, leichter Feta, Olivenöl und anderes auszuführen, aber bei einer Exportquote von 8% und einer Industrieproduktion von 18% gibt es nicht viel, was es zu exportieren gibt.

Daher gibt es nur eine wirkliche Option: Staatsbankrott mit einer Garantie für die Restschulden, bzw. einem Aufkauf der Schulden laut aktuellem Marktwert durch die EZB (die in den Bankbilanzen schon längst auf diesen Wert abgeschrieben sind und somit kaum noch ein Risiko bürgen, sofern sie nicht komplett ausfallen, was bei einem Austritt aus der Währungsunion aber wahrscheinlich werden würde) und einem Marshallplan für die Wirtschaft. Das dauert aber seine Zeit und wird nicht von jetzt auf gleich passieren.

Noch eins: bei einer Abwertung würden ja auch gleich die Importe teurer werden. Und auf Öl aus dem nahen Osten und Maschinen aus Deutschland ist das Land angewiesen, da es diese Produkte nicht selber herstellen kann. Dadurch würde ein Einbruch der Wirtschaft noch stärker ausfallen.

Ein letztes: Merkel und Sarkozy kämpfen mitlerweile an der falschen Front. Sie sind weiterhin an der Stützung ihrer eigenen Banken interessiert, die aber längst den Großteil abgeschrieben haben und kaum noch ein Risiko darstellen. Sie sollten sich lieber darauf konzentrieren nicht gegen eine Transferunion zu arbeiten, in der wir uns längst befinden, sondern den größtmöglichen Schaden für die GANZE Union abzuwenden.

Die anderen 0,001%

Nein, damit meine ich nicht die Superreichen bzw. die Occupy-Bewegung, sondern die 0,001 Prozentpunkte, wegen denen mitlerweile Massenhaft auf den Finanzmärkten gehandelt wird. Vor allem der sogenannte Hochfrequenzhandel (Computergestützte Programme, die eine Order schneller als einen Wimpernschlag ausführen können) beherrscht derzeit die Finanzmärkte und scheint ganze Ökonomien in seinen Sog zu ziehen.

Die Finanzmärkte sind heutzutage zum Großteil losgelöst von der realen Wirtschaft. Hauptsächlich werden nur Zahlenkolonnen hin und her geschoben, ohne das reale Werte dahinter stehen. Dabei wird bei superschnellen Käufen und Verkäufen um die 3. Stelle hinter dem Komma gefeilscht. Nur aufgrund einer Änderung im Promillebereich können so Millionengewinne, aber auch -verluste entstehen. Das bedenkliche daran ist, dass die Steuerung von Computerprogrammen übernommen wird, die nur mathematischen Formeln folgen. Aufgrund dieser automatisierten Vorgänge sind schon dramatische Verkaufswellen an den Börsen ausgelöst worden, die keiner Logik zu folgen scheinen. Von moralischen Grundsätzen ganz zu schweigen.

Durch eine Einführung einer Steuer, von auch nur einem Promille, würde sich der Großteil dieses Hochfrequenzhandels nicht mehr lohnen und dadurch nicht mehr durchgeführt werden. Die Börsen wären nicht mehr so volatil wie zur Zeit und die Bänker könnten sich wieder um ihre Hauptaufgabe konzentrieren, nämlich die Wirtschaft mit Geld zu versorgen und nicht mit "nicht-vorhandenem" zu handeln.

Falls die Steuer jedoch nur in der Eurozone eingeführt werden würde, würden diese Händler ihre Geschäfte aller Wahrscheinlichkeit nach Richtung London verlagern. Jedoch ist bei einer europaweiten Einführung ein abwandern ganzer Heerscharen von Finanzmarktakteuren in die USA oder nach Singapur und HongKong nicht wahrscheinlich, dafür sind die Kosten eines Umzuges über son eine Distanz zu hoch. Außerdem ist eine komplette weltweite Mobilität des Kapitals noch nicht gegeben. Trotzdem wäre eine Einführung einer globalen Finanzmarkttransaktionssteuer wünschenswert.

Es sollte Aufgabe der Politik sein, Regeln aufzustellen, damit auf den Börsenplätzen dieser Welt nur Transaktionen durchgeführt werden, die einen wirklichen Mehrwert für die Realwirtschaft schaffen. Eventuell verliert er Staat ein wenig an Wirtschaftskraft aufgrund des Abwanderns von einigen Händlern oder des Ausbleibens von Gewinnen, jedoch ist der Zugewinn an Sicherheit und das Eindämmen von Voladitäten an den Finanzmärkten als wünschenswerter zu erachten.

Billiger oder Besser oder Beides

Damit sich Griechenland aus seinem Sumpf befreien kann, helfen nur zwei Mittel: entweder sie werden billiger ("wie China") oder sie werden besser ("wie Deutschland"). Am besten ist aber eine Kombination aus beidem. Das Problem der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit griechischer Produkte kann mehrere Ursachen haben. Sie können zu teuer, zu schlecht oder garnicht vorhanden sein. Ich denke, es ist von allem dreien etwas.

Fangen wir mit zu teuer an. Griechische Löhne sind seit dem Beitritt zur EWU in 1999 um 30% gegenüber den deutschen Löhnen gestiegen, ohne dass ein Produktivitätswachstum in gleichem Umfang dahinter stand. Diese drastischen Lohnerhöhungen machten griechische Produkte für ausländische Importeure unattraktiv.
Desweiteren sind griechische Produkte nicht gut genug, um auf dem Weltmarkt mitzuhalten. Die Industrieprodutktivität liegt weit hinter dem europäischen, vor allem nordeuropäischen Durchschnitt zurück. Einst so angesehene Wirtschaftszweige wie der Schiffsbau sind kaum noch international von Bedeutung.

Darüber hinaus ist der Staatsapparat, welcher 40% der Wirtschaftsleistung ausmacht, heillos aufgebläht. Die Industrieproduktion beträgt nur circa 18% der gesamten Wirtschaftsleistung (zum Vergleich Deutschland: 28%). Haupteinnahmequellen aus dem Export sind Nahrungsmittel und einfache verarbeitete Produkte wie Lederwaren und ähnlichem. Die gesamten Exporte machen kaum mehr als 7% des BIP aus. Griechenland braucht aber diese Exporte, damit frisches Geld in das Land fließt, um die Auslandsschulden begleichen zu können.

Nun bleiben also 2 Optionen:
Entweder die Preise für Güter fallen auf ein Niveau, auf dem die Produkte wieder abgesetzt werden können. Dies müsste in einem Umfang von mindestens 30-40% geschehen, damit man auf einem ähnlichen Niveau ist wie zum Beispiel die Türkei, welche ähnliche wirtschaftliche Voraussetzungen hat. Dadurch würde der Fetakäse, das Olivenöl und der Tourismus deutlich günstiger für Mitteleuropäer und man könnte verlorengegangene Marktanteile zurückgewinnen. Eine Kürzung der Löhne scheint aber zur Zeit nur in Staatsbetrieben zu funktionieren. Aufgrund von bestehender Lohnstarrheit nach unten ist es schwierig die Löhne in der freien Wirtschaft stark abzusenken. Durch die Zugehörigkeit zum Euro ist eine Abwertung der Währung aber ebenso ausgeschlossen. Somit scheint der Weg eines Billigerwerdens kaum machbar.
Die zweite Option ist, man stellt hochwertigere Produkte her. Aber aus dem Stehgreif neue Industrien aufzubauen wird wohl sehr schwer fallen. Erstens bedarf es großen Investitionsanstrengungen für die das Geld in Griechenland zur Zeit fehlt, zweitens ist die Frage, welche Industrien überhaupt angesiedelt werden könnten und sollten. Es wird immer mal der Vorschlag gebracht, große Solarparks zu bauen. Nur wo sollen die Arbeiter dafür herkommen? Falls Know-How aus dem Ausland gekauft werden würde, wäre der griechischen Arbeitnehmerschaft auch nicht groß geholfen. Diese Idee ist also auch mit vielen Problemen behaftet und in kurzer Zeit schwer bis garnicht umsetzbar.

Griechenland steht also vor einem riesigen Problem. Die beschlossenen Sparpakete werden die Wirtschaft nur noch weiter abwürgen, wodurch es noch schwieriger wird die Schulden zurückzuzahlen. Somit scheint die einzig machbare Lösung ein Schuldenschnitt zu sein. Dies werden die griechischen Banken aber kaum verkraften. Seit Monaten ziehen private Anleger ihr Kapital aus Griechenland ab, was die Finanzinstitute mit einer ganz dünnen Eigenkapitaldecke dastehen lässt. Eine Abschreibung der Staatsanleihen, die noch zur genüge in ihren Portfolios stecken, würden einige der Banken garantiert nicht überleben.

Den Vorschlag eines Austritts aus der Eurozone halte ich für sehr riskant. Eine Währungsunion sollte darauf abzielen auf die Ewigkeit ausgerichtet zu sein und keinen permanenten Ein- und v.a. Austritt vorzusehen. Bei einem Austritt Griechenlands würden vermutlich auch einige Banken pleite gehen. Desweiteren würden die bestehenden Schulden weiterhin in Euro denominiert sein und somit nach einer wahrscheinlichen Abwertung der neuen Drachme an Wert gewinnen und die Chance auf eine Rückzahlung der Schulden noch geringer werden lassen.

Die einzig machbare Lösung liegt für mich in einem Schuldenschnitt von höherem Ausmaße, als die bisher erdachten 50% oder einer Stundung der Zinszahlungen, bis sich die griechische Wirtschaft wieder einigermaßen erholt hat. Die Aussage , Griechenland dürfte ja nicht offiziell als Bankrott gelten, halte ich für irrelevant in dieser Diskussion, denn auch ohne diesen offiziellen Titel wird es Griechenland nicht gelingen in den nächsten Jahren wieder am Kapitalmarkt Fuß zu fassen und die Staatsanleihen in den Portfolios der Banken sind sowieso schon um mehr als die freiwilligen 20% abgeschrieben. Im Falle eines Schuldenschnitts müssten also einige Banken gestützt und es müsste ein Weg gefunden werden, die Kapitalflucht aus den GIPS-Staaten zu stoppen. Griechenland wird es ohne einen großen Schuldenschnitt nicht aus eigener Kraft schaffen wieder auf die Beine zu kommen. Darüber hinaus braucht das Land eine Investitions- und Restrukturierungsstrategie, um die brachliegende Wirtschaft wieder aufzupäppeln.