Ich wusste garnicht, dass Simbabwe mittlerweile mitten in der Eurozone liegt. Genauso wenig wusste ich, dass man mit 2,5% Inflation (die durch einen einmaligen Preisschock auf dem Rohstoffmarkt getrieben wurde) schon Angst um sein Erspartes haben muss.
In den letzten Wochen wurde von vielen Seiten vorgeschlagen, dass die EZB unbegrenzt für die Schulden der Mitgliedstaaten eintreten (lender of last resort) und somit die Geldhähne indirekt aufdrehen sollte. Aus Berlin und Frankfurt kamen aber sofort die Panikmacher angeflogen, die meinten einer Hyperinflation sei damit Tür und Tor geöffnet.
Die Annahme dahinter ist folgende: Die Zentralbank druckt Geld (Geldmenge M erhöht sich) und daraus folgt eine erhöhte Inflation im gleichem Umfang, da die perfekt informierten Bürger dies sehen und somit ihre Preise nach oben anpassen. Es ist ja schließlich mehr Geld im Umlauf. In normalen wirtschaftlichen Zeiten wird das annähernd so stimmen, jedoch befinden wir uns nicht in normalen Zeiten.
Folgendes Szenario wäre zur Zeit aber wohl erdenklich: Die EZB erhöht die Geldmenge durch den Aufkauf von Staatsanleihen. Dieses Geld, welches Banken, Versicherungen und Privatpersonen dann bekommen, wird aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht (oder nur in sehr geringem Maße) den Weg in die reale Wirtschaft finden, da unsere Wirtschaft sich zur Zeit in einer LIQUIDITÄTSFALLE befindet. Die realen Zinsraten sind nahe Null. Zum einen bedeutet das, dass für Geldanlagen kaum höhere Zinsen zu erwarten sind, als wenn man das Geld einfach bei sich (in der sog. Transaktionskasse) hält. Dies liegt in der unendlich zinselastischen Spekulationskassennachfrage bei niedrigen Zinsraten nahe Null begründet. Zum anderen gibt es in der aktuellen wirtschaftlichen Lage kaum Investitionsprojekte, die einen positiven Ertrag erwarten lassen. Daher würde das gedruckte Geld nicht in Umlauf kommen, sondern auf den Konten geparkt werden und somit die Umlaufgeschwindigkeit sinken, was wiederum die heraufbeschworene Erhöhung des allgemeinen Preisniveaus bremst.
Ein zweiter wichtiger Grund ist die Reputation der EZB. Die Akteure müssen (und werden) davon ausgehen (auch aufgrund der Lehren der Hyperinflation der 20er Jahre), dass die Zentralbank das gedruckte Geld, sobald die Wirtschaft sich wieder auf einem positiven Wachstumspfad befindet und die notleidenden Staaten gerettet wurden, aus dem Markt abzieht und somit ihr Geld nicht entwertet wird. Im Gegensatz zur Reserve Bank of Zimbabwe und der Reichsbank in den 20er Jahren hat die EZB auch dieses Vertrauen der Märkte erlangt und besitzt somit eine höhere Glaubwürdigkeit als ihre genannten Pendants.
Der entscheidende Punkt bei der ganzen Analyse ist, dass wir uns in der schon angesprochenen Liquiditätsfalle befinden. Ein ähnliches Szenarium hat Japan in den 90er Jahren, als die Zentralbank versuchte mit massenhaftem Gelddrucken die Wirtschaft anzuregen, schon einmal durchgemacht. Die Inflation uferte damals nicht aus, im Gegenteil, es waren deflationäre Tendenzen aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Aussichten und einer kurz zuvor geplatzten Immobilien- und Börsenblase zu beobachten. Die expansive Geldpolitik der Bank of Japan bewirkte somit nur ein Verschieben der LM-Kurve in sich selbst. Es konnte keine Ausweitung der Wirtschaftskraft erreicht werden. Ebenso kam es nicht zu einem anziehen der Zinsraten.
Somit ist eine expansive Geldpolitik in einer Liquiditätsfalle nicht effektiv (in bezug auf eine Ankurbelung der Wirtschaft), führt aber auch nicht zu einer höheren Inflation, solange die Bevölkerung nicht davon ausgeht, dass die Preise in Zukunft stark steigen werden. Dies ist aus oben genannten Gründen auch nicht ersichtlich bzw. wahrscheinlich. Daher ist die Hysterie, die von einigen Massenmedien geschürt wird, höchst gefährlich! Erstens werden die Bürger extrem verunsichert, weil sie sich irgendwann wirklich um eine Inflation fürchten (ja, die Bürger als Wirtschaftssubjekte sind NICHT perfekt informiert), zweitens kann sich eine selbsterfüllende Prophezeihung ergeben, wenn sich diese Hysterie in einem sprunghaften Ansteigen des Konsums oder in Bank-Runs (aufgrund der "Angst vor dem Ersparten") auswirkt.
Den einzigen wirklichen Effekt, den eine Garantie der EZB für die Staatsanleihen der Mitgliedsstaaten hätte, wäre in einer Abwendung eines finanziellen Chaos und dem Niedergang der Eurozone gegeben. Und dies sollte schließlich im Interesse der führenden Politiker und der ganzen Bevölkerung sein.
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