Mittwoch, 21. Dezember 2011

Es klemmt!

Nun also doch. Die EZB wirft Liquidität auf den Markt, wie kaum vorher gesehen. Knapp 500 Milliarden Euro liehen sich die europäischen Banken am Mittwoch früh von der Zentralbank. Und das zu einem gerade mal 1%igen Zins. Leichter kann man es den Banken nicht machen.

Was bedeutet das nun aber für die Kreditinstitute und die Eurozone? Erstens bekommen die Banken kurzfristige Liquidität, um ihre Refinanzierungen zu sichern. Damit soll eine drohende (bzw. schon vorhandene) Kreditklemme im Keim erstickt werden. Die Logik der EZB dahinter ist, dass sich somit die Banken wieder untereinander vertrauen und gegenseitig Geld leihen. Der Interbankenmarkt war in den letzten Wochen fast ausgetrocknet. Zweitens sollen somit die europäischen Krisenstaaten gestützt werden. Durch das besser funktionierende Bankensystem sollen (und werden) die Renditen auf europäische Staatsanleihen nach unten gedrückt werden. Dies scheint, auch dank der Ankündigung im Vorfeld, zu funktionieren (siehe Spanien hier und hier). Drittens haben die Bänker der Politik mal wieder Zeit verschafft. Nach den Beschlüssen von Brüssel am 08.12.2011 zur schrittweisen Einführung einer Fiskalunion, bleibt den Handelnden kaum Zeit diese auch umzusetzen und auf ein solides Grundgerüst zu stellen. Sparen alleine wird nicht reichen. Vor allem nicht, wenn man sich, wie im Falle der GIPS-Staaten, kaputt spart. 

Die langfristigen Effekte dieses Manövers der EZB gilt es aber im Auge zu behalten. Wird das Geld auch tatsächlich von der EZB wieder eingesammelt, sobald es den betreffenden Staaten wieder besser geht und sie sich alleine Refinanzieren können? Oder bekommen wir es dann mit einer Flut an Kapital zu tun, sobald sich die Zukunftsaussichten verbessern und somit auch die Renditeerwartungen wieder in die Höhe schnellen? Eine zweite große innereuropäische Kapitalwanderung wie im letzten Jahrzehnt wird die Eurozone nicht verkraften können. Es ist also darauf zu achten, dass die Liquidität alsbald vom Markt abgezogen wird, damit wir nicht wieder eine Blasenbildung auf den Finanz- und Immobilienmärkten erleben.

Dienstag, 6. Dezember 2011

Ist Negativ eigentlich Positiv?

Gestern setzte die Ratingagentur Standard & Poors den Ausblick für 15 Euro Staaten auf Negativ. Begründet wurde der Vorgang mit den potenziellen Risiken aus der europäischen Staatsschuldenkrise.

Soweit so gut. Oder auch nicht. Kaum lief diese Meldung über die Ticker, begann der typische europaweite Aufschrei, was die (In)Solvenz-Wächter aus dem fernen New York den europäischen Staaten antun würden. Wieder einmal wurde das drohende Verrücktspielen der Märkte aus dem Angstsäckel geholt. Unverantwortlich sei es, in solch schwierigen Zeiten auch noch die Staaten vor eine Herabstufung ihrer Ratings zu stellen. Als ob die Renditen auf deren Staatsanleihen nicht schon hoch genug wären. Die Ratingagenturen sollten doch bitte Nachsicht walten lassen und die Reformanstrengungen der Eurostaaten anerkennend in ihre Ratings einfliessen lassen.

Dies soll keine Sympathieerklärung für die Ratingagenturen sein, sondern soll nur die Verlogenheit und das zwiespältige Verhalten der Regierungen Europas vor Auge halten. Jahrelang haben es die Agenturen "versäumt" Anlagen risikogerecht zu bewerten. Kaum solventen Gläubigern wurden Bestnoten gegeben, solange die Bezahlung stimmte oder man nicht hinter die komplizierten Finanzprodukte blickte. Damals hat sich die Politik auch nicht aufgeregt. Ende dieses Bestnotenvergebens war bekanntlich die Finanzmarktkrise von 2008. Um diese Fehler nicht zu wiederholen, versuchen die Ratingagenturen nun ein realistischeres Bild der Bonitäten zu ermitteln. Darunter gehört es auch, den kriselnden Eurostaaten ihr Misstrauen offen zu verkünden. Die Art und Weise wie dies geschieht (siehe Frankreich vor einigen Wochen, oder auch nun wieder bei S&P) zeugt natürlich nicht von gutem Geschäftsgebaren. Jedoch sollten die europäischen Staats- und Regierungschefs nicht die Augen vor der Erodierung ihrer eigenen Solvenz verschließen. Es sind nun einmal düstere Zeiten, auf die die Währungsunion zusteuert. Darauf sollte aufmerksam gemacht und entsprechend die Kreditwürdigkeiten angepasst werden. Und es ist ja nicht so, dass sich auf einmal die Renditen verdoppeln, nur weil S&P in das gleiche Horn bläst, aus dem die Finanzakteure schon seit Monaten ihre Krisenmusik vernehmen.

Samstag, 3. Dezember 2011

Placebos für die Banken

Ähnlich wie nach dem Lehman-Crash 2008 parken auch jetzt wieder die Banken ihre Einlagen über Nacht in großen Mengen bei der Zentralbank (siehe Grafik der Übernachtdepots unten). In normalen Zeiten ("vor Lehman") wurden die Gelder über Nacht kaum bei der Zentralbank eingelagert, da sie dort kaum Zinsen abwerfen. Zur Zeit jedoch vertrauen sich die Banken untereinander nicht, da die Unsicherheit viel zu hoch ist. Daher wird das Geld sicher bei der EZB gelagert.
 
Dies ist ein relativ großes Problem, da hierdurch der internationale Kapitalfluss ins Stocken gerät. Anstatt das Geld bei anderen Geschäftsbanken einzulagern, die damit ihre Verbindlichkeiten begleichen könnten, versauert das Geld in der Bilanz der EZB. Zudem sehen sich Unternehmen und Privatpersonen restriktiveren Kriterien bei der Kreditvergabe ausgesetzt, da die Unsicherheit in eine Rückzahlung gewährter Kredite größer wird. Dieses Problem schlägt sich somit auch auf die reale Wirtschaft durch.

Zu der sich ausweitenden Kreditklemme findet außerdem ein großer Abfluss an Kapital aus den GIPS-Staaten statt. Die Anleger parken ihr Geld lieber auf Konten in Deutschland, der Schweiz oder in Übersee. Dadurch verlieren die Banken in den südeuropäischen Ländern an Kapitalausstattung, die sie zur Zeit dringend benötigen würden. Desweiteren werden die sonst üblichen Übernachteinlagen (z.B. Staatsanleihen), die nun bei der EZB lagern, als Eigenkapitalpuffer nach den Basel-Regelungen benötigt. Da dieses Geld den Geschäftsbanken nun fehlt, müssen sie sich dieses an anderer Stelle besorgen. Somit können sie weniger risikoreiches Kapital in ihre Bilanz aufnehmen, da die Bilanzsummen drastisch gekürzt werden müssen. Durch diese Gründe bekommen Banken und Privatpersonen nicht mehr soviel frisches Kapital wie sie eigentlich dringend benötigten.

Trotz der gemeinsamen Aktion in den letzten Tagen einiger Zentralbanken, den Zugang zu günstigem Geld zu erleichtern, wird das wohl nur ein Strohfeuer bleiben. Das Vertrauen in die europäische Währung und die Krisenstaaten und deren Banken wird erst zurück kommen, wenn die Anleger sich sicher sein können, ihr Geld nicht zu verlieren. Dies kann nur geschehen, wenn Austritte aus der Währungsunion und dadurch ein allzu großer Verlust von Werten aus den Anlagen in den betreffenden Staaten ausgeschlossen werden kann. Dies könnte schnellstmöglich durch eine Garantie der Staatsschulden der Euro-Staaten geschehen und somit den Kapitalexodus aus Griechenland, Italien, Spanien und Portugal zumindest verlangsamen. Bis es soweit ist, werden die Gelder weiterhin in Übernachteinlagen bei der EZB fließen und dem Bankensektor entzogen.